Kann der Kenianer Kibiwott Kandie beim Berlin-Marathon 2024 endlich sein Potenzial ausschöpfen?
Im Jahr 2000 lief der Kenianer in Valencia einen Halbmarathon-Weltrekord von 57:32 Minuten und wird sein Können unter Beweis stellen wollen, wenn er am 29. September in Berlin zu seinem erst dritten Marathon antritt.
Kibiwott Kandie ist es gewohnt lange Distanzen schnell zu laufen.
Der Kenianer ist einer von nur sieben Männern, die jemals einen Halbmarathon in weniger als 58 Minuten absolviert haben, seine persönliche Bestzeit liegt bei 57:32. Er hat den Halbmarathon von Valencia dreimal gewonnen, unter anderem als er 2020 den Weltrekord aufstellte, und er gehört auch zu den schnellsten Männern über die 10 km überhaupt.
Kandie ist ein vielseitiger Läufer, der seine Läufe zwischen der Bahn (10.000 m) und der Straße (21 km und Marathon) aufteilt.
Nachdem sein Traum, sein Land bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 (2021) und Paris 2024 zweimal zu vertreten, geplatzt war, blieb ein Schimmer im Marathon zurück.
Seit Mai letzten Jahres hat er kein Rennen mehr bestritten, obwohl er seine persönliche Bestleistung über 10.000 m auf 26:58,97 Minuten verbessert hatte schaffte er es nicht ins Olympiateam.
Kandie, der seine Saison mit dem Sieg beim Halbmarathon in Barcelona im vergangenen Februar eröffnete, wird am 29. September in Berlin seinen erst dritten Marathon in seiner Karriere bestreiten und versuchen, in die Fußstapfen seines Vorbilds Paul Tergat zu treten.
Kibiwott Kandie über die Inspiration durch seinen Landsmann Paul Tergat
Als kleiner Junge in Baringo, im Herzen der Rift Valley Region im Westen Kenias, hörte er von klein auf Geschichten über den Dorfhelden Tergat - wie schnell er war und dass er einer der größten Langstreckenläufer des Landes war.
Als der olympische 10.000-m-Silbermedaillengewinner in Sydney 2000 eine seiner besten Leistungen erbrachte, war Kandie erst vier Jahre alt.
Doch als er endlich die Größe Tergats begreifen konnte, war er fasziniert von dem Namen, der als Synonym für den Gewinn von Titeln im Crosslauf, auf der Bahn und auf der Straße steht.
„Als ich jung war, hörte ich immer alle sagen: 'Paul Tergat, Weltrekorde'. Das ist mir im Gedächtnis geblieben“, sagte Kandie, der schätzt, dass er jeden Tag fast 30 km zu seiner Grundschule und zum Mittagessen nach Hause lief, gegenüber World Athletics.
„Er wurde zu einer Art Vorbild, und ich dachte immer: 'Wenn ich groß bin, möchte ich so sein wie er, ich möchte laufen wie er, ich möchte die Dinge tun, die er getan hat.' Er inspiriert mich immer noch, er ist immer noch ein Vorbild für mich. Die Arbeit, die ich [im Training] leiste, habe ich ihm zu verdanken. Ich habe das Gefühl, dass ich ihn nicht enttäuschen kann, denn als ich ihn einmal traf, sagte er zu mir: 'Du kannst mir folgen, du kannst in meine Fußstapfen treten'.“
Kandies Weg zur Leichtathletik war ein unkonventioneller - er entschied sich für die Straße. Er begann mit 22 Jahren, Wettkämpfe zu bestreiten, doch seine Liebe zum Langstreckenlauf entwickelte sich bereits in der High School zu einer Leidenschaft.
Bis heute hat er acht der zehn Halbmarathons, die er seit 2019 gelaufen ist, gewonnen und stand bei seinen neun Straßenläufen auf dem Podium.
Und der Wunsch, es seinem Laufhelden gleichzutun, inspirierte ihn zu seinem Weltrekord, den er vor vier Jahren beim Halbmarathon in Valencia aufstellte.
Berlin-Marathon 2024: Eine Chance für Kibiwott Kandie zu glänzen
Seine internationale Karriere für Kenia wird jedoch nicht an die Erfolge seines Mentors heranreichen. Der Bronzemedaillengewinner der Commonwealth Games über 10.000 m hat nur die Silbermedaille bei den Leichtathletik-Halbmarathon-Weltmeisterschaften vorzuweisen.
Sein Weg war geprägt von Enttäuschungen, Rückschlägen und schließlich von Erlösung.
Nach einem fünften Platz bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften, die Tergat zum fünften Mal in Folge gewann, zeichnete sich in Kandies Karriere ab, dass er sich dem Welt- und Olympiastatus nähern würde. Doch im vergangenen Jahr musste er die Weltmeisterschaften und zuvor auch schon die Olympischen Spiele in Tokio verletzungsbedingt auslassen.
Der 28-Jährige, der in den Ngong-Bergen nördlich der Hauptstadt Nairobi trainiert, war enttäuscht, als er es nicht in das 10.000-m-Team für Paris 2024 schaffte. Nach zwei Top-Ten-Platzierungen möchte er sich nun auf der Marathondistanz profilieren. Bei seinem Debüt auf der hügeligen Strecke in New York 2021 wurde Kandie Neunter, im vergangenen Jahr in Valencia Sechster.
Der Berlin-Marathon 2024 bietet ihm die Chance, sich auf der schnellen 42-km-Strecke einen Namen zu machen, rund 21 Jahre nachdem sein Vorbild Tergat mit seinem Weltrekord von 2:04:55 als erster Mann unter 2:05 Stunden blieb.
Mit seiner beeindruckenden Zeit von 2:04:48 gehört er zu den sechs Eliteläufern des diesjährigen Rennens, die bereits unter 2:05:00 gelaufen sind. Tadese Takele aus Äthiopien, der im letzten Jahr hinter Eliud Kipchoge Dritter wurde, ist mit seiner Bestzeit von 2:03:24 der schnellste des Männerfeldes.
Aber mit einer bewundernswerten persönlichen Halbmarathon-Bestzeit von 57:32 hat Kandie das Zeug dazu, auch einer der schnellsten Marathonläufer aller Zeiten zu werden.
Berlin-Marathon-Sieger der Männer in den letzten 10 Jahren
2023: Eliud Kipchoge, Kenia, 2:02:42
2022: Eliud Kipchoge, Kenia, 2:01:09, WR
2021: Guye Adola, Äthiopien, 2:05:45
*2020: Abgesagt aufgrund von Corona-Pandemie
2019: Kenenisa Bekele, Äthiopien, 2:01:49
2018: Eliud Kipchoge, Kenia, 2:01:39, WR
2017: Eliud Kipchoge, Kenia, 2:03:32
2016: Kenenisa Bekele, Äthiopien, 2:03:03
2015: Eliud Kipchoge, Kenia, 2:04:00
2014: Dennis Kimetto, Kenia, 2:02:57 WR