Elladj Balde verpasste die Olympischen Spiele, doch sein Sieg kam aus seinem tiefen Inneren: "Es geht darum, sich selbst zu erfüllen"
Der kanadische Eiskunstläufer versuchte zweimal, sich für die Winterspiele zu qualifizieren, lernte dabei aber, dass die Zufriedenheit mit seinem Eislauf aus seinem tiefen Inneren kommen muss.
Der kanadische Eiskunstläufer Elladj Balde hatte alles in seinem Kopf geplant. Eigentlich - in seinem Herzen.
2014 würde er sich für seine ersten Olympischen Winterspiele qualifizieren, nämlich in Sotschi, und in sein Geburtsland zurückkehren, um dort zum ersten Mal in seiner Karriere mit den olympischen Ringen unter seinen Kufen zu laufen.
Stattdessen belegte Balde bei den kanadischen Meisterschaften in diesem Jahr den vierten Platz und verpasste damit das dreiköpfige Team für Sotschi 2014.
Es war einer von drei olympischen Zyklen, die für den nationalen Juniorenmeister von 2008 mit einer Enttäuschung endeten.
"Als ich merkte, dass die Olympischen Spiele nicht unbedingt mein Weg waren, verlor ich völlig das Gefühl dafür, wer ich war, denn die Einstellung 'Ich werde ein Olympionike sein' war Teil meiner Identität", sagte Balde am Mittwoch (2. Februar) in einem exklusiven Interview aus Peking gegenüber Olympics.com. "Und da das nicht mein Weg war, stellte sich die Frage: 'Wer war ich?' Und: 'Warum stehe ich überhaupt auf den Schlittschuhen?'"
Er fuhr fort: "Und so begann diese Reise der Selbstfindung: Wenn ich weiter eislaufen will, muss ich Gründe finden, die aus meinem tiefen Inneren kommen. Denn zu diesem Zeitpunkt waren alle Gründe extern. Also habe ich Monate damit verbracht, tief in mich hineinzugehen. In diesem Moment fand ich heraus, wer ich als Künstler bin, und fing an, mich auf das konzentrieren, was ich wirklich liebe und was mich am meisten erfüllt. Mir geht es darum, mit dem Publikum in Kontakt zu treten, meine Geschichte zu teilen und mein Talent zu nutzen, um die Menschen etwas spüren zu lassen, wenn ich auf dem Eis stehe."
Es sollte noch ein ganzes Jahr dauern, bis Balde sagte, dass er zu verstehen begann, wie er die oben erwähnte Reise bewältigen konnte. 2015 belegte er bei den kanadischen Meisterschaften einen enttäuschenden sechsten Platz, ein Jahr, in dem er sich Hoffnungen gemacht hatte, seinen ersten nationalen Titel bei den Profis zu gewinnen.
Aber eine Reise nach Afrika in den darauffolgenden Wochen mit seinem Vater half ihm, das zu finden, wonach er die ganze Zeit gesucht hatte.
Die Antwort? Sein eigenes Glück: Eislaufen für Elladj.
Elladj Balde: "Wie will ich mich daran erinnern?"
Im Sport geht es definitionsgemäß um Leistung. Und die Olympischen Spiele bieten mit der Vergabe von Medaillen ein greifbares Maß dafür: Gold, Silber, Bronze. Aber nachdem Balde die Spiele 2014 verpasste und eine tiefe Reise der Selbstfindung begann, während er weiterhin Eiskunstlauf betrieb, fand er im Wettkampf einen neuen Sinn, selbst als er versuchte, es in das Olympiateam für PyeongChang 2018 zu schaffen.
"Vor allem im letzten Jahr (2017/18) habe ich mich gefragt: 'Wie will ich mich an diese ganze Zeit erinnern - nicht nur an diesen einen Moment - sondern wie will ich mich an diese Reise erinnern?'" so Balde, der auch als Olympics.com-Mitarbeiter tätig ist.
"Und das ist meiner Meinung nach viel wichtiger, wenn es darum geht, in sich selbst, in seinem Leben und in dem, was man ist, Erfüllung zu finden, als wenn man sich nur auf einen gewissen Moment konzentriert."
Balde hat seine Leidenschaft für das Eislaufen und das Schaffen von Kunst auf dem Eis genutzt, indem er zu einem der meistverfolgten Eisläufer in den sozialen Medien geworden ist: Er hat über 1,2 Millionen Follower auf TikTok und über eine halbe Million auf Instagram. Er nutzt seine Plattform und seine Videos, um die Möglichkeiten für Eiskunstläufer unterschiedlicher Nationalitäten zu verbessern, setzt sich für mehr Inklusion in diesem Sport ein und will junge Menschen - unabhängig von ihrer Herkunft - ermutigen, den Sport auszuprobieren.
Balde selbst ist Russe und Guineer, und stammt aus Kanada.
Und obwohl er seinen Traum von der Teilnahme an den Olympischen Spielen nicht verwirklichen konnte, ist er diesen Monat als Außenreporter für CBC bei den Olympischen Spielen Beijing 2022 vor Ort, um seine Perspektive zu schildern und Interviews mit Kollegen, Freunden und ehemaligen Konkurrenten zu führen, die Höchstleistungen anstreben.
Mit dieser Berichterstattung bietet er dem Zuschauer einen anderen Blickwinkel.
"Uns wird gesagt, dass Erfolg und Leistung uns glücklich machen", sagte er. "Aber wenn man es als eine Reise betrachtet, erlebt man alle Momente so, wie man sie erleben sollte, und erlaubt ihnen, einen Glauben zu vermitteln und einem dabei zu helfen, in eine bestimmte Richtung als Sportler oder als Mensch zu wachsen. Das sind Dinge, die du für den Rest deines Lebens behältst, weißt du, und das sind Dinge, die in dir leben und dir einige friedliche Momente beschert haben."
"Das sind Dinge, die dir niemand wegnehmen kann."
Elladj Balde: Neue Wege im Eiskunstlauf beschreiten
Balde möchte, dass sein Weg als Beispiel für andere dient: Ja, man kann es auf höchstem Niveau schaffen, Medaillen gewinnen, sich für die Olympischen Spiele qualifizieren, Titel und Auszeichnungen sammeln.
Aber dieser Sport ist etwas Besonderes, sagt er: Er lässt der Kreativität auf so viele verschiedene Arten freien Lauf, wie es Läuferinnen und Läufer gibt, die ihn betreiben.
"Ich würde mir wünschen, dass diesmal mehr Läuferinnen und Läufer die Zeit damit verbringen, sich nicht nur darüber klar zu werden, wer sie sind, sondern auch, wie sie das auf das Eis bringen können, anstatt nur zu versuchen, alle technischen Dinge um der Leistung willen zu tun", sagte Balde. "Eiskunstlauf hat so viele Facetten, es ist ein so schöner Sport. Und es ist auch eine Kunstform. Und damit kann man sich auf die schönste Weise ausdrücken."
"Ich denke, dass es Raum für mehr Kreativität gibt", schloss er. "Ich bin mir nicht sicher, wie das umgesetzt werden kann oder wie es sich entwickeln wird, aber es wäre schön, das zu sehen."