Eiskunstlaufpaar Annika Hocke und Robert Kunkel: „Wir wollen die Menschen mitnehmen“
Das deutsche Eiskunstlaufpaar Hocke/Kunkel hat ihren Trainingsort von Berlin nach Italien verlegt, wo auch die kommenden Winterspiele Milano Cortina 2026 ausgetragen werden. In Tokio (8. bis 10. November) wollen sie ihrem Traum vom Grand-Prix-Finale näher kommen.
Das deutsche Eiskunstlaufpaar Annika Hocke und Robert Kunkel ist sich ziemlich sicher, dass sie auch im Tischtennissport ein starkes Team abgeben würden. Neben dem harten Training für den Grand Prix am kommenden Wochenende in Tokio (8. bis 10. November), ist die Tischtennisplatte in ihrer Garage ein guter Ausgleich.
„Er gewinnt immer noch gegen mich, aber ich bin auf dem Weg dorthin“, sagt Annika Hocke zu Olympics.com, als Robert Kunkel einstimmt: „Als wir anfingen, habe ich sogar mit der falschen Hand gewonnen, aber jetzt ... spielen wir gleich.“ Beide lachen, die Harmonie stimmt zwischen den beiden.
Es ist ein Samstagabend in einem Vorort von Dallas in Texas (2023), und sie haben gerade einen Meilenstein erzielt: Sie haben in ihrer fünften gemeinsamen Saison eine Grand-Prix-Goldmedaille gewonnen.
Das deutsche Duo spürt nun die Chance, zu den weltweit besten Teams zu gehören – natürlich beim Eiskunstlauf, nicht beim Tischtennis.
„Wir fokussieren uns eher auf die Qualität – und wenn wir das umsetzen können, dann werden die Medaillen oder Ergebnisse kommen“, sagte der damals 24-jährige Kunkel.
„Wir wollen sehr sauber Eiskunstlaufen und dann schauen wir, was dabei herauskommt. Und das ist für uns das Hauptziel.“
Letztes Jahr hatten Hocke/Kunkel ihr Ziel erreicht: die Qualifikation für das Grand-Prix-Finale. Doch eine Verletzung hinderte sie an der Teilnahme. In dieser Saison wollen sie es umso mehr schaffen und ihre Stärke zeigen. Dafür müssen sie in Tokio wichtige Punkte sammeln, um unter die Top-6 der Grand-Prix-Serie zu kommen und so das Ticket fürs Finale zu lösen.
Erfahren Sie, warum ein Umzug nach Italien, nicht nur den Eiskunstlaufstil von Hocke und Kunkel beeinflusst hat, sondern ihnen auch einen Vorteil bei den kommenden Winterspielen Milano Cortina 2026 verschaffen könnte.
Auf nach Italien: Hocke und Kunkel ziehen nach Bergamo um
Im Sommer 2022 traf das deutsche Duo eine wichtige Entscheidung: das Training auf der berühmten Ice Lab-Trainingsbahn in Bergamo, Italien, zu intensivieren. Beide waren mit ihrem bisherigen Trainingsansatz in Deutschland unzufrieden und auf der Suche nach neuer Inspiration.
Sie überzeugten Ondrej Hotarek, einem zweifachen Olympiateilnehmer und ehemaligen Paarläufer sie zu trainieren. Zudem arbeiteten sie Anna Cappellini (Ehefrau von Hotarek) und Luca Lanotte an ihrer Choreografie, das Eiskunstlaufpaar gewann 2014 den Weltmeistertitel.
In dieser Hochburg des Paarlaufs trainieren auch einige andere Eiskunstlaufstars, wie das Europameisterpaar (2023) Sara Conti/Niccolo und Vizeeuropameisterpaar Macii Rebecca Ghilardi/Filippo Ambrosini.
Genau diese Umgebung und Inspiration benötigten Hocke und Kunkel.
„Es ist einfach eine tolle Atmosphäre“, sagte Hocke.
„Das Wichtigste ist, dass wir unserem Trainer zu 100 Prozent vertrauen, ihm die ganzen Planungen zu überlassen“, so Kunkel. „Wir hatten einen guten Trainer [in Deutschland], wir haben versucht, das Beste zu geben ... Aber wir hatten einen bestimmten Punkt erreicht, an dem wir uns nicht mehr steigern konnten. [Hotarek] schaut nicht auf morgen und vielleicht auch nicht auf die nächste Woche, er denkt an die großen Ereignisse und versucht, uns für diese fit zu machen.“
Hocke fügte über die choreografische Arbeit mit Cappellini und Lanotte hinzu: „Es war eine simple Idee, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe ihre Eistanzkür schon immer geliebt, also dachte ich: 'Warum sollte das nicht im Paarlauf funktionieren?' Es ist eine super Sache für uns, sie dabei zu haben.“
Ein Kampf mit der Finanzierung
Die Entscheidung für den Umzug wurde auch durch die begrenzten finanziellen Möglichkeiten des deutschen Verbands beeinflusst.
„Es fühlt sich nicht so an, als würden wir bei null anfangen. Es fühlt sich so an, als würden wir im Minus starten“, beschrieb Kunkel die finanzielle Situation 2023.
„Es war eine sehr harte Zeit [Sommer 2022], denn selbst wenn wir uns zu 100 Prozent auf das Training hätten konzentrieren können, hätte es keinen Sinn ergeben, dies zu tun, weil wir nicht wussten, ob wir die Saison finanziell überstehen würden.“
Sie nahmen in Deutschland zuvor am Programm für Sportsoldaten teil, das ihnen half, die Finanzierung zu sichern, dennoch war es schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen.
„Es ist auf jeden Fall schwierig, weil man so viele zusätzliche Dinge tun muss, die normalerweise kein Thema für einen Sportler sein sollten, weil wir trainieren, zum Training gehen, unseren Job machen und nach Hause gehen sollten“, fügte Hocke hinzu. „Aber im Moment machen wir uns große Sorgen darüber, wie wir unsere Karriere finanzieren sollen, wie wir die Formulare ausfüllen müssen, um Preisgelder von Wettbewerben zu erhalten, solche Sachen.“
„Es ist fast wie ein zusätzlicher Job.“
Ihre Saison 2022-23 war bisher ihre erfolgreichste, gekrönt von ihrem ersten nationalen Titel, begleitet von einer Bronzemedaille bei den Europameisterschaften und beim Grand Prix de France.
Skate America im letzten Monat war bereits ihr vierter Wettbewerb in dieser noch jungen Saison und markierte zugleich ihren ersten Sieg bei einem internationalen Event seit über einem Jahr (Finlandia Trophy, 2022).
Hocke: „Wir wollen die Menschen mitnehmen!“
Mit Cappellini und Lanotte als ihren Inspirationsquellen haben Hocke und Kunkel immer mehr Tanzmomente in ihre Choreografie auf dem Eis einfließen lassen.
In dieser Saison präsentieren sie "I Love Rock ’n’ Roll" in der Kurzkür und "Without You" in der Kür. „Wir wollen, dass die Menschen etwas fühlen“, sagte Hocke. „Wir wollen die Menschen mitnehmen... sie in gute Laune versetzen. Das möchte ich immer wieder erreichen.“
Kunkel sagte, dass sie als Team danach streben, anders zu sein, selbst in einer Disziplin wie dem Paarlauf, die in jedem Programm die fesselndsten und athletisch anspruchsvollsten technischen Elemente erfordert.
„Auf TikTok hat man zum Beispiel drei Sekunden Zeit, um jemanden davon zu überzeugen, sich etwas anzusehen“, so Kunkel. „Wir wollen etwas machen, bei dem alle klatschen ..., dass sie erkennen, dass es unterhaltsam ist.“
Die Olympiasieger von PyeongChang 2018, Aljona Savchenko und Bruno Massot, sind nach wie vor die Aushängeschilder im deutschen Paarlauf, wobei Sachenko zuvor mit Robin Szolkowy auch zwei olympische Medaillen gewonnen hatte.
Hocke und Kunkel sind sich dieses Vermächtnisses bewusst, sind aber auch motiviert, ihr eigenes aufzubauen, zumal sie in der Nähe des Ortes trainieren, an dem der Eiskunstlauf in Mailand Cortina 2026 ausgetragen wird.
„Wir versuchen, unseren Weg fortzusetzen“, sagte Kunkel. „Wir versuchen, unterhaltsame Programme zu erstellen, um es [den Sport] zu beleben.“
„Ich denke, wir helfen einander und arbeiten gut zusammen“, sagte Hocke. „Und das war immer das Wichtigste: Dass wir ein gutes Verhältnis zueinander haben und dass wir an einem Strang ziehen.“
„Und wir haben die gleichen Ziele“, fügte Kunkel hinzu. „Die Olympischen Spiele [im Winter] sind nur noch etwas mehr als zwei Jahre entfernt, und ja, das ist unser Ziel, aber es ist wichtiger, dass wir die gleiche Vorstellung davon haben, wie wir dorthin gelangen. Und das tun wir.“