Von der Savanne aufs Eis: Wie Kenias Eishockeyteam Grenzen durchbricht

Erfahren Sie mehr über die kenianischen Ice Lions, dem ersten und einzigen Eishockeyteam des Landes, das 2024 durch den Beitritt zur International Ice Hockey Federation (IIHF) Geschichte schrieb und die Sportwelt in Ostafrika revolutioniert.

7 minVon Grace Goulding
Das kenianische Eishockeyteam: die Ice Lions
(Reuters)

Mitten in Nairobi, nur wenige Schritte vom Nationalpark entfernt, in dem Löwen und Zebras durch die Steppe ziehen, sind auf der einzigen Eisbahn des Landes "Schneelöwen" aufgetaucht: die Ice Lions.

Es ist das erste Eishockeyteam in Kenia und ihr Traum vom Teamsport auf der Eisbahn wurde durch Robert Ouko Opiyo geebnet, dem Vorsitzenden des kenianischen Eissportverbandes (KEFIS). Obwohl KEFIS offiziell im Jahr 2019 gegründet wurde, reicht Kenias Weg ins Eishockey fast zwei Jahrzehnte zurück.

Am 31. Oktober 2024 feierte Kenia einen neuen Meilenstein: Es wurde das jüngste Mitglied der International Ice Hockey Federation (IIHF). Damit gehört das Land nun zu den wenigen afrikanischen Nationen wie Südafrika und Marokko, die diesen Sport repräsentieren.

„Das ist ein historischer Moment für den Sport in Kenia“, sagte Opiyo. „Wir sind dankbar für die weltweite Unterstützung, die uns geholfen hat, diesen Traum zu verwirklichen. Es ist erst der Anfang, um mehr Kenianern den Zugang zum Eishockey zu ermöglichen“, sagte er zum IIHF.

Entdecken Sie, wie die Ice Lions erste Schritte auf dem Eis machten und 2006 mit dem international durch den Madaraka Day Cup 2024 bekannt wurden, Kenias erstes internationales Turnier. Die Reise vom Hobbyprojekt zum Symbol des Nationalstolzes zeigt, wie dieser Sport Menschen verbindet und neue Perspektiven schafft.

Bescheidene Anfänge: die erste Eisbahn in Nairobi

Wir blicken in das Jahr 2006 zurück, als eine kleine Gruppe von Kenianern sich Mittwochsabend gebrauchte Schlittschuhe schnürt und sich zum Eishockeyspiel trifft. Diese bescheidene, 32 x 12 Meter große Eisbahn, ein Drittel so groß wie eine reguläre Eisbahn, befindet sich im Panari Hotel. In der Nähe des Nairobi-Nationalparks, wo die sich die wilden Tiere langsam auf die Nacht vorbereiten, sind die Ice Lions hellwach auf dem Spielfeld.

Diese Geschichte des Eissports begann ein Jahr zuvor im 2005 Panari Sky Centre in Nairobi, wo 2005 die Solar Ice Rink eröffnet wurde und einige Kenianer*innen zum ersten Mal Schlittschuhe wackelig auf dem Eis ausprobierten.

Im ersten Jahr zog die Eisbahn Neugierige zum Schlittschuhfahren an. Dann, im Jahr 2006, brachte eine Gruppe von Kanadiern ihre Hockeyausrüstung zu Panari Bahn mit und führte die Einheimischen in den faszinierenden Nervenkitzel dieses Sports ein.

Im nächsten Jahrzehnt wuchs eine kleine, Eishockeybegeisterte Gemeinschaft heran, bestehend aus Einheimischen und internationalen Expats. Diese Bewegung führte 2016 schließlich zur Gründung von Kenias erstem Eishockeyteam, den Ice Lions, benannt nach den majestätischen Löwen des benachbarten Nationalparks.

Spieler wie Benard Azegere, einer der Pioniere, erinnern sich: „Die meisten von uns hatten noch nie eine Eisbahn gesehen, geschweige denn ein Eishockeyspiel.“

Als einziges Team Kenias und mit der nächsten Eisbahn über 2.900 Kilometer entfernt in Südafrika hatten sie noch keine Konkurrenz außerhalb der eigenen Reihen.

Doch das änderte sich 2018, als durch eine Kombination von Ereignissen und wachsender medialer Aufmerksamkeit Kenias Ice Lions ins internationale Rampenlicht rückten und damit eine neue Ära für den Sport in Ostafrika einläuteten.

Das virale Auswärtsspiel

Anfang 2018 erhielt das kenianische Eishockeyteam, die Ice Lions, ein außergewöhnliches Angebot von der kanadischen Kaffeekette Tim Hortons, die weltweit für ihre Eishockey-Leidenschaft bekannt ist. Das Team wurde nach Kanada eingeladen, um zum ersten Mal das Spiel in einer professionellen Eishalle zu erleben – in der Heimat des Sports.

Vor Ort in Kanada erwartete sie weitere Überraschungen: Bei ihrer Ankunft erhielten die Spieler neue Trikots, verziert mit der kenianischen Flagge. Das war nicht alles, zwei der größten Eishockeystars der Welt, Sidney Crosby und Nathan MacKinnon kamen in die Umkleidekabine in den kenianischen Trikots, um gemeinsam mit den Ice Lions ein Freundschaftsspiel gegen ein kanadisches Team zu bestreiten.

Für Spieler Benard Azegere war dieser Moment unvergesslich: „Als ich sah, wie mein Lieblingsspieler in unserem Trikot durch die Tür kam, fühlte es sich an wie ein Traum.“

Die Geschichte dieses besonderen Auswärtsspiels wurde in einem herzerwärmenden Video mit dem Titel The Away Game festgehalten. Es ging viral, erreichte Millionen Menschen weltweit und begeisterte durch die Botschaften von Einheit, Widerstandskraft und purer Freude am Eishockey.

Die Reise veränderte das Team nachhaltig. In Kanada, wo Eishockey so allgegenwärtig ist wie der Kaffee bei Tim Hortons, erfuhren die Ice Lions die Kraft von Gemeinschaft, Unterstützung und neuen Möglichkeiten.

„Es war ein Traum, nicht nur die Chance zu haben, in Kanada zu spielen, sondern auch – zum ersten Mal – in voller Montur an der Seite von zwei der größten Spieler des Spiels zu spielen“, sagte Azegere.

Das Video und die mediale Aufmerksamkeit um die Reise lösten in Kenia eine Welle des Interesses am Eishockey und an den Olympischen Winterspiele 2018 in PyeongChang aus.

Der Madaraka Day Cup: Die Eishockeywelt kommt nach Nairobi

Im Jahr 2019 wurde aus einem Traum eine Mission. Mit der Gründung des kenianischen Eissportverbandes KEFIS entstand der klare Plan, Eishockey in Kenia weiterzuentwickeln und breiter zugänglich zu machen.

Doch die Reise der Ice Lions nach Kanada inspirierte zu einem noch ehrgeizigeren Ziel: der Ausrichtung eines internationalen Turniers auf heimischem Boden. Noch im selben Jahr wurde der Madaraka Day Cup ins Leben gerufen, benannt nach dem nationalen Feiertag, zum Gedenken an die Selbstverwaltung und Unabhängigkeit Kenias.

Dieses erste Turnier verwandelte die Panari-Eisbahn in ein lebendiges Zentrum des internationalen Eishockeys. Mannschaften von Botschaften, NGOs und internationalen Organisationen in Nairobi nahmen teil, darunter Teams aus den USA, Kanada und Europa.

Das kenianische Team, die Ice Lions, trat gegen die internationalen Teams an und schuf eine Atmosphäre, die Einheimische, ein vielfältiges Publikum und internationale Presse gleichermaßen anzog. Zum ersten Mal wurde Eishockey in Kenia auf einer solch großen Bühne präsentiert.

„Wir haben so zum ersten Mal viele Fans und vor allem Kenianer gesehen. Es fühlte sich an, als wäre man bei einem kenianischen Rugbyspiel, aber jetzt waren sie stattdessen in einer Eishalle“, scherzte er.

Blick in die Zukunft: eine neue Generation an Eishockeyspielerinnen und -spielern

Trotz des bemerkenswerten Aufschwungs steht Eishockey in Kenia noch vor einigen Herausforderungen. Mit der im Vergleich kleinen Eisbahn in Kenia können die Ice Lions nur 3-gegen-3-Spiele durchführen. Für Trainingseinheiten auf größeren Eisflächen müssen sie ins Ausland reisen. Doch Kenias jüngste Mitgliedschaft in der International Ice Hockey Federation (IIHF) hat sowohl KEFIS als auch die Ice Lions beflügelt, weiterhin den Breitensport zu fördern. Ihr Ziel: Eishockey in Schulen zu etablieren und junge Talente zu entdecken.

Derzeit umfasst die A-Nationalmannschaft 24 Männer und 12 Frauen, während mehr als 50 Jugendliche aus Nairobi an Jugendprogrammen teilnehmen. Darüber hinaus arbeiten die Ice Lions mit Organisationen wie der Howe Friendship League zusammen, die durch den Verkauf von Trikots und Öffentlichkeitsarbeit wichtige Unterstützung leisten. Diese Partnerschaften tragen dazu bei, dringend benötigte Ausrüstung und Trainingsmöglichkeiten bereitzustellen und die Kluft zwischen den Eishockeyträumen Kenias und den eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten zu überwinden.

Für Opiyo und die Ice Lions geht es dabei um mehr als nur den Aufbau eines Teams „Wenn wir das Eis betreten, repräsentieren wir mehr als nur uns selbst. Wir zeigen der Welt, dass Eishockey einen Platz in Kenia hat“, sagte Opiyo.

Opiyo träumt noch größer. Mit der Unterstützung der IIHF hofft er, dass die Ice Lions bald bei afrikanischen Turnieren und auf der Weltbühne vertreten sein werden. „Wir fangen gerade erst an“, sagte er entschlossen.

„Dies ist ein historischer Moment, nicht nur für uns, sondern für jeden jungen Kenianer, der den Mut hat, zu träumen.“

Eishockey durchbricht in Kenia Grenzen

Für die Ice Lions hat die Reise gerade erst begonnen. Jedes Spiel und jedes Training bringt sie ihrem großen Ziel näher: den Eishockeysport in Kenia zu fördern, eine neue Generation zu inspirieren und das Land auf der internationalen Bühne zu vertreten.

Während die Sonne in Nairobi langsam hinter dem Horizont verschwindet und warmes Licht über die kleine Eisbahn im Panari fällt, schnüren die Ice Lions ihre Schlittschuhe und zeigen mit jedem Tor, dass Leidenschaft keine Grenzen kennt – weder geografische noch klimatische.

Alex Frecon, ein amerikanischer Eishockeyspieler, der nach Nairobi reiste, um mit den Ice Lions zu spielen, sagte: „Wenn es eine Sache gibt, die ich vom Eishockey in Kenia gelernt habe, dann ist es, dass man alles schaffen kann. Was auch immer 'es' ist.“

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