Paralympische Spiele 2024: Was ist Para Schwimmen?
Das Para Schwimmen bei den diesjährigen Paralympischen Spielen Paris 2024 findet vom 29. August bis zum 7. September statt. Mehr als 600 Athletinnen und Athleten, darunter auch Zwölf aus Deutschland, werden sich in 141 Medaillenveranstaltungen messen. Die Wettkämpfe werden in der Pariser La Defense Arena ausgetragen.
Diese 600 Athletinnen und Athleten aus verschiedenen Nationen werden in verschiedenen Schwimmdisziplinen an den Start gehen, darunter Freistil, Rücken, Brust, Schmetterling, Einzel-Lagen und Staffelwettbewerbe.
Wie bei allen paralympischen Wettbewerben wird auch bei den Paralympischen Spielen ein Klassifizierungssystem angewendet, das einen fairen Wettbewerb zwischen Athletinnen und Athleten mit unterschiedlichen Fähigkeiten gewährleistet.
Die ersten Medaillen im Para Schwimmen werden bei den 400 m Freistil der Mänenr S9 vergeben. Den Abschluss bildet am 7. September die 4x100 m Mixed-Lagenstaffel.
Als deutsche Medaillenhoffnungen starten im Para Schwimmen Verena Schott bei den Frauen und Taliso Engel bei den Männern, aber auch die anderen Schwimmerinnen und Schwimmer könnten für Überraschungen sorgen. Engel gewann bei den Paralympischen Spielen Tokio 2020 die Goldmedaille auf 100m Brust SB13. Im Vorlauf hatte er bereits einen neuen Weltrekord (1:03,52) aufgestellt und brach ihn erneut (1:02,97). Schott räumte in Tokio 2020 gleich drei Bronzemedaillen ab:100m Brust SB5, 100m Rücken S6 und 200m Lagen SM6.
Die Spiele werden zu einer Feier sportlicher Höchstleistungen und des menschlichen Geistes, ausgetragen an einem besonderen Ort, der sich für Inklusion und Nachhaltigkeit einsetzt. Der Wettbewerb wird nicht nur die beeindruckenden Fähigkeiten der Schwimmerinnen und Schwimmer in den Vordergrund stellen, sondern hoffentlich auch das weltweite Publikum inspirieren.
Klassifizierungssystem, Wettkampfformat, Regeln und Modifikationen
Klassifizierung
Ähnlich wie bei der Klassifizierung nach Alter, Geschlecht und Gewicht in anderen Sportarten verwendet das Internationale Paralympische Komitee (IPC) ein Klassifizierungssystem für Wettbewerbe.
Die sportartspezifische Klassifizierung legt fest, welche Athletinnen und Athleten in einer Sportart startberechtigt sind und auf welche Weise werden die Auswirkungen der Behinderung dieser Sportlerinnen und Sportler auf ihre Wettkampfleistung minimiert.
In der paralympischen Bewegung gibt es eine Liste verschiedener Einschränkungen, die die Klassifizierung der Athletinnen und Athleten bestimmen. Diese werden hier mit einer ausführlichen Erläuterung aufgeführt.
Das Klassifizierungssystem im Para Schwimmen umfasst:
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Körperliche Beeinträchtigungen (Klassen S1-S10):
- S1-S10: Diese Klassen sind für Schwimmerinnen und Schwimmer mit körperlichen Behinderungen. Je niedriger die Zahl, desto schwerer ist die körperliche Beeinträchtigung. Schwimmerinnen und Schwimmer in diesen Klassen können verschiedene Arten von Beeinträchtigungen haben, z. B. den Verlust von Gliedmaßen, zerebrale Lähmung oder Rückenmarksverletzungen.
- S1-S2: Schwere körperliche Beeinträchtigung (z. B. schwere Koordinationsprobleme in vier Gliedmaßen, hochgradiger Funktionsverlust).
- S3-S4: Erhebliche körperliche Beeinträchtigung (z. B. Amputationen aller Gliedmaßen, mittlere bis schwere Koordinationsprobleme).
- S5-S6: Mäßige körperliche Beeinträchtigung (z. B. Kleinwuchs, mäßige Koordinationsprobleme, Funktionsverlust der unteren Gliedmaßen).
- S7-S8: Leichte bis mittelschwere körperliche Beeinträchtigung (z. B. Amputationen einzelner Gliedmaßen, mäßiger Funktionsverlust einer Gliedmaße).
- S9-S10: Geringe körperliche Beeinträchtigung (z. B. leichte Koordinationsprobleme, Funktionsverlust einer Hand.
- S1-S10: Diese Klassen sind für Schwimmerinnen und Schwimmer mit körperlichen Behinderungen. Je niedriger die Zahl, desto schwerer ist die körperliche Beeinträchtigung. Schwimmerinnen und Schwimmer in diesen Klassen können verschiedene Arten von Beeinträchtigungen haben, z. B. den Verlust von Gliedmaßen, zerebrale Lähmung oder Rückenmarksverletzungen.
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Sehbeeinträchtigungen (Klassen S11-S13):
- S11: Schwimmerinnen und Schwimmer mit sehr geringer oder keiner Sehkraft. Sie müssen eine verdunkelte Schwimmbrille tragen und verfügen oft über eine Assistenz („Tapper“), die ihnen das Erreichen der Wand signalisiert.
- S12: Schwimmerinnen und Schwimmer mit besserer, aber immer noch erheblicher Sehbeeinträchtigung.
- S13: Schwimmerinnen und Schwimmer mit der geringsten Sehbeeinträchtigung innerhalb der Klassifizierung.
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Intellektuelle Beeinträchtigungen (Klasse S14):
- S14: Schwimmerinnen und Schwimmer mit geistigen Behinderungen. Diese Athletinnen und Athleten erfüllen Kriterien, die in der Regel ein bestimmtes Niveau des IQ und Werte für adaptives Verhalten umfassen.
Zusätzlich zur S-Klassifizierung für die Disziplinen Freistil, Rücken und Schmetterling:
- SB: Klassifizierung für Brustschwimmen, das andere physische Anforderungen stellt.
- SM: Klassifizierung für das Einzel-Lagenschwimmen, bei dem verschiedene Lagen geschwommen werden.
Die Zahl hinter SB bzw. SM entspricht der S-Klasse des Schwimmers bzw. der Schwimmerin und gibt den Grad der Behinderung für diese spezielle Schwimmart an. Zum Beispiel kann ein Schwimmer oder eine Schwimmerin als S8, SB7 oder SM8 klassifiziert werden, was seine oder ihre Klassifizierung in den Disziplinen Freistil/Rücken/Schmetterling, Brust und Einzel-Lagen angibt.
Diese Klassifizierungen stellen sicher, dass Athletinnen und Athleten gegen andere mit ähnlichen Fähigkeiten antreten, um einen fairen Wettbewerb zu fördern und die unterschiedlichen Fähigkeiten innerhalb der Para Schwimmgemeinschaft anzuerkennen.
Wettkampfformat
Das Wettkampfformat des Para Schwimmens, das vom IPC geregelt wird, folgt einer ähnlichen Struktur wie die des olympischen Schwimmens. Um dem Klassifizierungssystem des Para Schwimmens gerecht zu werden, gibt es einige Anpassungen.
Die Rennen werden in folgender Weise ausgetragen:
- Freistil: 50m, 100m, 200m, 400m
- Rücken: 50m, 100m
- Brust: 50m, 100m
- Schmetterling: 50m, 100m
- Einzel-Lagen: 150m, 200m
- Staffeln: 4x50m, 4x100m
Das typische Wettkampfformat sieht wie folgt aus:
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Wettkämpfe:
- Die Wettkämpfe im Para Schwimmen sind nach Schwimmarten (Freistil, Rücken, Brust, Schmetterling und Einzel-Lagen) und Distanzen (von 50 m bis 400 m) unterteilt.
- Staffeln (z. B. 4x50m oder 4x100m Freistil- und Lagenstaffeln) sind ebenfalls Teil des Wettkampfs.
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Vorläufe:
- Die Wettkämpfe beginnen in der Regel mit Vorläufen. Die Schwimmerinnen und Schwimmer werden auf der Grundlage ihrer Qualifikationszeiten in die Vorläufe eingeteilt.
- Die Anzahl der Läufe und die Einteilung der Schwimmerinnen und Schwimmer richtet sich nach der Anzahl der Meldungen und den zur Verfügung stehenden Bahnen. Die schnellsten Schwimmerinnen und Schwimmer aus den Vorläufen (in der Regel die besten 8 oder 10, je nach Wettkampf und Wettkampfordnung) ziehen in die Finals ein. Das Finale kann ein A-Finale sein (die besten Schwimmerinnen und Schwimmer kämpfen um die Medaillen) und in einigen Wettbewerben ein B-Finale (die nächstschnellsten Schwimmerinnen und Schwimmer).
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Einteilung:
- Die Schwimmerinnen und Schwimmer werden nach ihren Meldezeiten klassiert. Ziel ist es, Schwimmerinnen und Schwimmer mit ähnlichen Zeiten in die gleichen Vorläufe zu setzen, um ausgeglichene Rennen zu gewährleisten.
- Im Finale werden die Schwimmerinnen und Schwimmer nach ihren in den Vorläufen erzielten Zeiten gesetzt, wobei die schnellste Schwimmerin bzw. der schnellste Schwimmer auf die mittlere Bahn gesetzt wird.
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Medaillen und Auszeichnungen:
- Die drei Erstplatzierten jedes Finales erhalten Medaillen (Gold für den ersten, Silber für den zweiten und Bronze für den dritten Platz).
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Rekorde:
- Weltrekorde, regionale Rekorde und Meisterschaftsrekorde werden vom IPC verfolgt und anerkannt.
- Die Schwimmerinnen und Schwimmer versuchen, diese Rekorde zu brechen, was eine zusätzliche Wettkampfebene darstellt.
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Zusätzliche Aspekte:
- Für sehbehinderte Schwimmerinnen und Schwimmer (S11) werden Assistenzen ("Tapper") verwendet, um das Erreichen der Beckenwand zu signalisieren.
- Schwimmerinnen und Schwimmer einiger Klassen können aus dem Wasser starten, wenn sie die Startblöcke nicht benutzen können.
Regeln und Modifikationen
- Starts: Schwimmerinnen und Schwimmer mit Behinderungen der unteren Gliedmaßen können im Wasser starten.
- Wenden und Zieleinläufe: Modifikationen ermöglichen es den Athletinnen und Athleten, Wenden und Zieleinläufe auf eine Art und Weise durchzuführen, die ihrer Behinderung angepasst ist und die Sicherheit und Fairness gewährleistet.
- Unterstützung: Schwimmerinnen und Schwimmer mit Sehbehinderungen können von "Tappern" unterstützt werden, d.h. von Assistenzen, die ihnen die Wende und den Zieleinlauf durch Antippen anzeigen.
Was Sie beim Para Schwimmen in Paris 2024 erwartet
Die Para Schwimmwettbewerbe der Paralympischen Spiele Paris 2024 werden ein beeindruckendes Schaufenster sportlicher Exzellenz und menschlichen Willens sein. Hier sind einige Highlights, auf die Sie sich freuen können:
Austragungsort:
- Paris La Défense Arena: Eine hochmoderne Anlage, die barrierefrei gestaltet ist und sowohl den Athletinnen und Athleten als auch den Zuschauern ein erstklassiges Erlebnis bietet.
Innovationen und Höhepunkte:
- Technologie: Verbesserte Zeitmesssysteme und Unterwasserkameras werden eingesetzt, um eine präzise Leistungsmessung und eine faire Wertung der Rennen zu gewährleisten.
- Nachhaltigkeit: Die Spiele von Paris 2024 legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, und die Schwimmhalle wird mit umweltfreundlichen Technologien und Messverfahren ausgestattet sein.
Übertragung und Berichterstattun:
- Eine umfassende Medienberichterstattung ermöglicht es dem weltweiten Publikum, die Wettbewerbe hautnah mitzuerleben – mit Live-Übertragungen, Highlights und Berichten über die inspirierenden Geschichten der Athletinnen und Athleten.
Im Para Schwimmen Geschichte schreiben
Trischa Zorn
Trischa Zorn, geboren in Orange, Kalifornien, verkörperte den unermüdlichen Streben nach Gold. Mit ihrer herausragenden Karriere setzte sie einen Meilenstein in der Geschichte des Para Schwimmens und stellte den Rekord für die meisten Goldmedaillen auf.
Wie viele Medaillen braucht es für einen Weltrekord? Halten Sie sich fest – es sind unglaubliche 55 Medaillen. Zwischen 1980 und 2004 nahm Zorn an sieben Paralympischen Spielen teil und sammelte insgesamt 55 Medaillen, davon 41 in Gold. Von 1980 bis 1992 blieb sie in ihren Einzeldisziplinen ungeschlagen und hatte im Alter von 32 Jahren bereits 29 Medaillen gewonnen – 16 davon in Gold.
Trotz ihrer von Geburt an bestehenden Blindheit dominierte Trischa in ihren Wettkampfklassen S12, SB12 und SM12. Mit diesem Rekord ist die US-Amerikanerin die erfolgreichste Athletin in der Geschichte der Olympischen und Paralympischen Spiele.
Bei den Paralympics in Südkorea brachte Zorn allein 12 Goldmedaillen nach Hause. Sie startete über vier verschiedene Strecken – 50 m, 100 m, 200 m und 400 m – und in verschiedenen Lagen wie Schmetterling, Brust, Rücken und Freistil.
Für ihre außergewöhnlichen Leistungen wurde sie 2012 in die Paralympic Hall of Fame aufgenommen.
Béatrice Hess ist eine französische Legende
Neben Trischa Zorn gehört auch Béatrice Hess zu den herausragenden Persönlichkeiten des Para Schwimmens.
Die Französin, die an Morbus Pompe leidet, einer Form der degenerativen Multiplen Sklerose, bei der die Beine gelähmt sind, dominierte die S5-Kategorie.
Bei ihren ersten Paralympics 1984 gewann Hess vier Goldmedaillen. Es folgten 16 weitere Goldmedaillen sowie fünf Silber- und eine Bronzemedaille. Bis zu ihrem Rücktritt bei den Spielen 2004 in Athen setzte sie ihre beeindruckende Karriere fort.
Doch Medaillen sind nicht ihre einzige Stärke. Bei den Paralympics 1996 in Atlanta war Hess die Fahnenträgerin und 2000 in Sydney führte sie die französische Mannschaft als Kapitänin an.
Ihre Zielstrebigkeit geht weit über den Sport hinaus. Hess ist Mitglied der Kommission der olympischen und paralympischen Fahnenträger für Paris 2024, der Kommission Frauen und Sport des Internationalen Olympischen Komitees und des Bundesausschusses des französischen Behindertensportverbands.
Mit 62 Jahren ist Béatrice Hess die erfolgreichste französische Athletin in der Geschichte der Paralympischen Spiele.