Roger Kluge und Tim Torn Teutenberg: "Taktisch brillant" und "jung und ungestüm" - Ungleiches Duo rast zu WM-Titel im Madison
Bei den UCI Track World Championships holt Deutschland drei Medaillen - für den sportlichen Höhepunkt sorgen "Oldie" Kluge und Youngster Teutenberg mit der Goldmedaille im Madison.
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) freut sich über einen Goldenen Abschluss bei den UCI Track World Championships 2024.
Im Madison der Herren im Rahmen der Bahnrad-WM 2024 gewannen Roger Kluge und Tim Torn Teutenberg am Sonntag den Titel. Für das deutsche Team war es die erste Goldmedaille der fünftätigen Titelkämpfe im Velodrom nahe der dänischen Hauptstadt Kopenhagen.
Insgesamt bejubelte man dreimal Edelmetall. Alle drei Medaillen wurden im Ausdauerbereich erzielt.
Für eine große Überraschung sorgte der Männer-Vierer in der Mannschaftsverfolgung am Donnerstag. In der Konstellation Benjamin Boos, Bruno Kessler, Ben-Felix Jochum und Tim Torn Teutenberg, der mit seinen zwei Medaillen zum erfolgreichsten deutschen Profi der WM avancierte, gelang eine fast schon sensationelle Bronzemedaille.
Der junge "Vierer", zu dem in den Vorläufen Felix Groß zählte, der dann aufgrund von Krankheit ausfiel und durch Teutenberg ersetzt wurde, raste im kleinen Finale gegen Japan in einer Fahrzeit von 3:52,707 Minuten zum dritten Rang.
Zurück in die Erfolgsspur fanden auch Damen in der Mannschaftsverfolgung. Nach dem etwas enttäuschenden sechsten Platz bei den Olympischen Spielen Paris 2024 holte das Quartett bestehend Franziska Brauße, Lisa Klein, Mieke Kröger und Lena Charlotte Reißner die Silbermedaille.
Letztgenannte hatte im Finale Laura Süßemilch ersetzt, die aber etwa im Halbfinale noch gegen Italien mitgefahren war. Im Finale war Großbritannien zu stark, dennoch ist die insgesamt dritte WM-Medaille seit 2020 ein Erfolg für die Mannschaft.
Roger Kluge und Tim Torn Teutenberg vereinen ihre Stärke - Goldwürdige Vorstellung im Madison
Den größten Erfolg heimsten aber Roger Kluge und Tim Torn Teutenberg ein.
Erstgenannter, 38 Jahre alt, hochdekoriert und anerkannt, und der 22-Jährige, sehr talentiert und einer der größten Nachwuchshoffnungen des deutschen Radsports - wohlgemerkt auf der Bahn und auf der Straße - fuhren den Titel in beeindruckendem Stil ein.
Nach 60 der insgesamt 200 Runden begann die dominante Vorstellung des deutschen Duos. Ein Rundengewinn war der Startschuss, bei 20 Wertungen gab es neunmal Punkte, fünfmal sogar die höchste Anzahl. Nach etwa zweidritteln der absolvierten Distanz gab es den nächsten Rundengewinn, am Ende siegten Kluge und Teutenberg mit 76 Punkten.
Der deutliche Vorsprung auf die Silbergewinner aus Belgien betrug 16 Zähler, Dänemark holte Bronze. Eine Fabelvorstellung nach der beide den jeweiligen Kollegen würdigten.
"Roger hatte vorher einen Plan gemacht und genau das haben wir gemacht. Von Roger kann ich mir einiges abgucken. Er ist taktisch brillant. Mit ihm zu fahren macht einfach Spaß", lobte Teutenberg seinen erfahrenen Teamkollegen.
Der wiederum gab die Anerkennung an den Youngster weiter: "Wir hatten eine Taktik, die wir eins zu eins umsetzen konnten. Tim ist jung und ungestüm. Ihn kann man schicken. Er hat sich heute das Herz rausgefahren", notierte Kluge gegenüber dem Verband.
Für den Routinier ist es der dritte Weltmeistertitel im Madison nach 2018 und 2019, eine kleine sportliche Wiederauferstehung und der Beweis, dass Kluge auch im fortgeschrittenen Alter einer der besten Ausdauer-Bahnradfahrer der Welt ist.
Der Silbermedaillengewinner im Punktefahren bei Peking 2008 bedachte in diesem Moment auch seinen Standardpartner Theo Reinhardt, der im Madison von Paris 2024 gestürzt war, sich aber tapfer an der Seite eines Teamkollegens ins Ziel kämpfe und nun die erlittene Verletzung auskuriert: "Ein Teil dieses Erfolges geht auch an Theo! Er hat mich das ganze letzte Jahr begleitet und vorbereitet", schickte er einen Gruß an den Rekonvaleszenten.
Tim Torn Teutenberg: Nach dem Elite-Weltmeistertitel nun an die Spitze?
Derweil verlieh Teutenberg seiner Begeisterung über die erste Goldmedaille bei einer Elite-WM Ausdruck: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist unglaublich, ich bin zum ersten Mal Weltmeister in der Elite. Ich glaube, das kapiere ich noch nicht so ganz."
Aus dem Nichts kommt dieser Triumph allerdings nicht. Vielmehr hat sich dieser nächste große Schritt in Form eines Titels bei den Welttitelkämpfen angedeutet. Am Donnerstag gab es wie erwähnt bereits WM-Bronze in der Mannschaftsverfolgung.
2023 gelang dem gebürtigen Mettmanner (Nordrhein-Westfalen) der erste EM-Titel bei den Profis, damals gewann er das Ausscheidungsfahren, im selben Jahr feierte er zwei Goldmedaillen bei der U 23-EM.
Deutsche Meisterschaften auf der Bahn sammelte er bereits einige, vier nationale Titel im Jahr 2022 waren eine erste Andeutung, dass hier ein besonderer Radfahrer heranwächst.
Parallel zu den Bahnrad-Erfolgen hat sich der Olympia-Teilnehmer von Paris 2024 - dort belegte er den starken siebten Platz im Omnium - auch schon einen Namen im Straßenradsport gemacht.
Bedeutenster Erfolg im internationalen Bereich war der Triumph bei Paris-Roubaix Espoirs, dem U 23-Rennen des Eintages-Klassikers.
Beim Straßenrennen der Deutschen Meisterschaften 2024 belegte er den fünften Rang, zuletzt war er auch im U 23-Rennen der WM (31.) und EM (16.) mit von der Partie.
Zur kommenden Saison steigt der Spross der Radsportfamilie Teutenberg (Vater Lars - mehrfacher Deutscher Meister - Onkel Sven und Tante Ina-Yoko waren ebenfalls Profis, seine Schwester Lea Lin ist aktuell ebenfalls aktiv) in den Profibereich auf der Straße ein.
Dort steht er bei Lidl-Trek unter Vertrag, will aber weiterhin zwischen Bahnrad und Straßenrennen pendeln.
Egal wo die Zukunft genau liegen wird, sie sieht nicht erst seit dem ersten WM-Gold, blendend aus.