Para-Radsport bei Paralympics Paris 2024: Maike Hausberger gewinnt Gold im Zeitfahren, Michael Teuber holt siebte Medaille
Am siebten Wettkampftag der Paralympischen Spiele Paris 2024 hat das deutsche Para-Radsportteam auf der Straße vier Medaillen geholt.
Maike Hausberger gewann nach Bronze auf der Bahn im 500m-Einzelzeitfahren nun in der Klasse C1-C3 Gold auf der Straße.
Michael Teuber sicherte sich die Silbermedaille im C1-Einzelzeitfahren der Männer und holte damit seine siebte Medaille bei seinen siebten Paralympics.
Bronze ging an Tokio 2020-Paralympicssiegerin Annika Zeyen-Giles in der Klasse H1-H3 und Matthias Schindler in der Klasse C3.
Lesen Sie weiter und erfahren Sie, welche Hindernisse Maike Hausberger und Michael Teuber auf dem Weg zu ihren Medaillenerfolgen überwinden mussten.
Hausberger dachte ans Aufgeben
Hausberger hatte mit der Medaille auf der Bahn ihre zwölf Jahre andauernde Sehnsucht nach Edelmetall bei den Paralympics gestillt und konnte am Mittwoch völlig befreit aufs Rad steigen.
„Seit der Bronzemedaille schwebe ich wie auf einer Wolke“, erzählte sie in der ARD.
In London 2012 und Rio 2016 war Hausberger als Para-Leichtathletin am Start, konnte sich aber den Medaillentraum nicht erfüllen. Als Vierte und Fünfte im Weitsprung und über die 400 Meter verpasste sie jeweils knapp das angestrebte Edelmetall.
Nach einer langwierigen Sprunggelenksverletzung wechselte sie die Sportart und landete über den Para-Triathlon im Para-Radsport.
„Die letzten Jahre waren wirklich hart, ich habe mehr als einmal ans Aufgeben gedacht“, blickte sie zurück und sagte unter Tränen: „Das hier ist einfach geil.“
Zwölf Jahre nach ihrer ersten Teilnahme bei Paralympics stand die 29-Jährige nun tatsächlich ganz oben auf dem Podium und war überglücklich, dass sie doch nicht aufgegeben hat.
"Mit Para-Radfahren habe ich meinen Sport gefunden. Es war das Beste, was ich tun konnte, in meiner Karriere."
Teuber trotzt schwerem Trainingsunfall
Dass Michael Teuber überhaupt bei Paris 2024 antreten konnte, ist ein Wunder.
Im März hatte er im Trainingslager auf Lanzarote einen schweren Unfall. Bei einer Kollision mit einem Auto brach er sich den sechsten Brustwirbel, mehrere Rippen und das Schlüsselbein.
Einen Monat später saß er wieder auf dem Rad, zwei Monate später nahm er jedoch schon wieder an einem Weltcup-Rennen teil und fuhr dabei aufs Podest.
„Ich will nicht, dass der Eindruck rüberkommt, ich würde mich für Superman halten, aber es ist sicher so, dass es nicht viele Menschen gibt, die derart alles ausreizen, was möglich ist und die erst überzeugt sind, dass es nicht mehr weitergeht, wenn es wirklich nicht mehr weitergeht“, beschrieb der 56-Jährige in der Münchner „Abendzeitung“ seine beeindruckende Kämpfernatur.
Dass Teuber niemals aufgibt, wurde auf dem 14,2 Kilometer langen Kurs in Clichy-sous-bois belohnt. 20 Jahre nach seiner ersten Paralympics-Medaille – Gold in Athen 2004 – fuhr er hinter dem Spanier Ricardo Ten Argiles zu Silber.
Es war Teubers siebte Medaille bei seinen siebten Paralympics. Eine überragende Lebensleistung des Mannes, der seit einem Autounfall 1987 inkomplett querschnittsgelähmt ist.
"Ich bin einfach Lebenssportler. Ich brauche den Sport. Für mich. Als Athlet. Aber auch als Mensch", beschrieb er die Bedeutung des Sports für ihn.
Besondere Bronzemedaillen für Matthias Schindler und Annika Zeyen-Gilles
Können Sie sich vorstellen zu laufen, wenn sie jeden Schritt abwägen müssen und keinerlei Automatismen in den Beinen haben? Matthias Schindler - der seit einer Tumor-Operation im Rücken inkomplett querschnittsgelämt ist - macht es dennoch. Noch lieber fährt er allerdings Rad ("Auf dem Rad fühle ich mich frei"- Zitat Schindler) und das äußerst erfolgreich.
Am Mittwochnachmittag holte sich der Nürnberger seine zweite Paralympische Medaille der Karriere. Wie in Tokio 2020 holte sich der 42-Jährige in den 28,4 Kilometer langen Zeitfahren bei Paris 2024 erneut die Bronzemedaille.
"Ich bin extrem happy, bin gut ins Rennen gekommen. Meine Familie, die heute an der Strecke waren, hat mich motiviert", so der zweifache Familienvater, der erstmals eine Paralympische Medaille vor den Augen seiner Liebsten gewinnen konnte (in Tokio waren keine Zuschauer an der Strecke) gegenüber der ARD.
Bronze gewann auch Annika Zeyen-Giles. Wer die 39-jährige googelt, erfährt zunächst, dass sie Rollstuhlbasketballerin sei. Und das ist auch nicht falsch, schließlich gewann sie mit der Deutschen Frauennationalmannschaft im Rollstuhlbasketball schon drei Medaillen - Silber bei Peking 2008 und Rio 2016 sowie Gold bei London 2012.
Seit 2020 ist sie aber auf dem Rad zuhause. In Tokio gab es Gold (Zeitfahren) und Silber (Straßenrennen) auf dem Hand-Bike. Nun fügt sie ihrer beeindruckenden Sammlung ihre erste Bronzemedaille bei Paralympics hinzu. Eine große Geschichte und schon am morgigen Donnerstag gibt es die nächste Chance - dann startet sie im Straßenrennen der Frauen in der Klasse H1-4 (ab 9:35 Uhr).