Der Deutsche Leichtathletik Verband erlebt in vielen Disziplinen einen Generationswechsel. Wer sind die aufstrebenden Nachwuchstalente die man bei der Europameisterschaft und vielleicht bei Paris 2024 im Auge behalten sollte?
Die Leichtathletik-EM 2024 findet vom 7. bis 12. Juni in Italiens Hauptstadt Rom statt. Stolze 111 Teilnehmende kommen aus Deutschland. Unter ihnen auch einige neue Gesichter.
Langsprint-Talent Johanna Martin auf der Überholspur
Johanna Martin hat bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2024 über die 400m sensationell mit gerade einmal 17 Jahren den Titel bei den Aktiven gewonnen, bei den U20-Meisterschaften gelang der Schülerin sogar der Doppelsieg über die 200 und 400m. Bei den World Relays Anfang Mai auf den Bahamas, die als alleiniger Qualifikationswettbewerb für Paris 2024 fungierten, war die Langsprinterin Teil der Mixed-Staffel, die einen Olympiaquotenplatz sichern konnte.
Dabei ist Martin zunächst über die Langhürden zu ihrer jetzigen Paradedisziplin gelangt.
Hürden und Hindernisse: Deutsche Jugend setzt sich durch
Über die 110m Hürden startet für den DLV unter anderen Manuel Mordi. Mit einer Zeit von 13,36 zeigte der amtierende Deutsche Meister früh in der Saison 2024 die schnellste deutsche Hürdenzeit seit 2018!
Damit fehlen ihm lediglich vier Plätze in der Weltrangliste, um nach Rom auch in Paris an den Start zu gehen (Stand 6. Juni 2024). Die direkte Qualifikationszeit liegt bei 13,27.
Noch hat der 20-Jährige ein anderes im letzten Jahr angekündigtes Ziel nicht erreicht: „Aber wenn ich irgendwann mal schneller laufe als Gregor Traber, dann bin ich zufrieden.“ Der mehrfache Deutsche Meister liegt mit 13,21 Sekunden auf Rang fünf der ewigen deutschen Bestenliste.
Über die 100m Hürden wurde die 19-jährige Rosina Schneider nachnominiert und darf sich über ihren ersten Einsatz bei den Aktiven freuen. Die U20-Europameisterin über die Kurzhürden der Frauen hat eine Bestzeit von 13,06 was ihr den Titel der „Jugend-Leichtathletin des Jahres“ 2023 einbrachte, mit der Bestmarke aus dem Vorjahr wäre auch der Einzug ins Halbfinale möglich.
Olivia Gürth hat den Vorteil mit der deutschen Rekordhalterin und WM-Bronzemedaillengewinnerin Gesa Felicitas Krause gemeinsam zu trainieren. Im Jahr 2023 stieg die nun 22-Jährige zur Weltklasse auf: Gold bei U23-EM, neue Bestzeit von 9:20,08 im WM-Finale (14. Platz) und Olympiaquotenplatz.
Der Shooting-Star der deutschen Hindernis-Garde wurde 2023 zur „Leichtathletin des Jahres“ gekürt und startet bei der Diamond League 2024.
Egal ob Straße oder Bahn: Lisa Merkel läuft zu Höchstform auf
Bei den U20-Europameisterschaften 2021 belegte Lisa Merkel den 7. Platz über 3000m. Bei der EM der Aktiven wird die badische Rekordhalterin über 10.000m an den Start gehen. Mit einer Zeit von 31:58,55 Minuten qualifizierte sie sich bei ihrem Bahn-Debüt über 10.000 Meter nicht nur für die EM, sondern erfüllte zugleich die Bestätigungsnorm für die Olympischen Spiele.
Malaika Mihambo bekommt deutsche Konkurrenz
Auch abseits der Bahn fördern die Vereine vermerht in den technischen Disziplinen Rohdiamanten zutage. Für Mikaelle Assani hat es bei der Hallen-WM in Glasgow 2024 mit gesprungenen 6,77m beinahe für Bronze im Weitsprung gereicht. Zu ihrer ersten internationalen Medaille der Erwachsenen fehlte nur ein einziger Zentimeter!
Die persönliche Bestleistung der U20EM—Bronzemedaillengewinnerin von 2021 liegt - sowohl draußen als auch in der Halle - bei 6.91m. Wie schon bei der Hallen-Weltmeisterschaft darf die Weitspringerin bei der EM mit einer Medaille liebäugeln.
Wenn auch aus den eigenen Reihen neben der Olympiasiegerin Malaika Mihambo eine weitere starke Konkurrentin gibt. Laura Raquel Müller konnte sich in der Hallensaison auf 6,81m steigern und fährt als U20-EM-Bronzemedaillengewinnerin von 2023 ebenfalls mit nach Rom.
Sebastian Bayer und Simon Batz: Das deutsche Weitsprung-Duo des Jahrzehnts
Im Weitsprung der Männer tut sich auch einiges. Neben Assani sprang auch Simon Batz bei den Indoor-Weltmeisterschaften in Glasgow auf den 4. Platz. Trainiert wird der U23-Europameister von niemand geringeren als dem europäischen Hallenrekordhalter Sebastian Bayer.
Mit einer neuen Bestmarke von 8,18m flog der 21-jährige Batz weiter als die gesamte deutsche Konkurrenz seit dem Fabelrekord von 8,71m vom dreifachen Europameister Bayer 2009.
Deutschland, die Werfernation: Hammer-Talente auch im Speer und Diskus
Speerwurfnation fügt ihren Reihen weiteren 90-Meter-Mann hinzu: Max Dehning
Scheinbar wird Deutschland auch weiterhin für seine Werfer bekannt bleiben. Und das kommt nicht von ungefähr. Ende Februar überraschte Max Dehning sich selbst und warf statt der angepeilten 80-Meter-Marke gleich über 90 Meter. Damit stellte er einen neuen U23-Europarekord auf und übertraf die bisherige Bestmarke von 89,58 m, die der Brite Steve Backley 1990 in Stockholm aufgestellt hatte.
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Aber nicht nur das. Der zweimalige U20-WM-Silbermedaillengewinner übertraf mit seinem sensationellen 90 Meter-Wurf die Olympia-Qualifikationsmarke von 85,50 m deutlich.
Hammer-Weiten und Diskus
Neben Dehning ist mit Mika Sosna ein weiteres Talent im Wurf international vertreten. Der U20-Weltrekordler schleuderte seinen Diskus im April auf 68,96 m, 3,39 Meter weiter als seine bisherige Bestweite.
Vierfacher Grund zur Freude:
- Zu allererst ist es natrülich eine neue Bestleistung,
- welche in seinem Fall auch einen neuen deutschen U23-Rekord bedeutet,
- aber ihn auch direkt hinter Robert Harting (70,66 m) auf Platz fünf der ewigen deutschen Bestenliste bringt.
- Und die Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele 2024 überbietet..
Merlin Hummel und Sören Klose sind die einzigen EM-Teilnehmer für den DLV im Hammerwurf der Männer. Die Hoffnungsträger holten im vergangenen Jahr U23-EM-Silber und -Bronze. In das Olympia-Jahr sind beide stark eingestiegen: U23-Vize-Europameister Hummel schleuderte sein Gerät auf 77,65 m und erzielte damit die beste deutsche Weite seit elf Jahren.
Seit 2013 hatte kein deutscher Hammerwerfer Weiten jenseits der 77 Meter angeboten. Nun sind es gleich zwei! Denn eine Woche nach dem Fabelwettkampf von Hummel zog Klose mit einer Weite von 77,49 m nach.
Die gesamte Übersicht über die 111 Deutschen, die in Rom an den Start gehen finden Sie hier.