Höhepunkte der Paralympics vom 6. September: Sechs Medaillen für Team Deutschland - Josia Topf macht kompletten Medaillensatz perfekt
Der neunte Tag der Paralympischen Spiele Paris 2024 am Freitag, den 6. September, war einmal mehr ein hocherfolgreicher Tag für die deutschen Athletinnen und Athleten. Insgesamt holte Team D zweimal die Silbermedaille und viermal Bronze.
Einmal mehr überzeugten die deutschen Para Schwimmerinnen und Para Schwimmer. Drei Profis waren am Freitagvormittag in den Vorläufen angetreten, alle drei qualifizierten sich für die Finalläufe am Abend und zwei staubten eine Medaille ab!
Lesen Sie weiter und erfahren Sie alles über die deutschen Medaillengewinner an Tag 9 der Paralympischen Spiele Paris 2024
Der dritte Streich von Josia Topf - Scholz' Bronze wird zu Silber
Josia Topf ist der vielleicht größte deutsche Star bei diesen Paralympischen Spielen Paris 2024. Der 21-jährige Schwimmer hat sich mit seinen unvergleichlichen Schwimm-Techniken nicht nur in die Herzen der Fans geschwommen, sondern bei jedem seiner bisherigen drei Wettkämpfe auch auf das Podest!
Nach Gold über 150m Lagen und Silber über 50m Rücken, holte er am Freitagabend die Bronzemedaille über 50m Freistil!. Damit macht der Youngster bei seinen ersten Paralympics der Karriere gleich einmal einen ganzen Medaillensatz in der S3 Klasse perfekt.
Nach seinem starken Start und der schon berühmten langen Tauchphase war Topf zunächst sogar auf Goldkurs, doch der schnelle Türke Umut Unlu zog bald vorbei und schwamm in 44,83 Sekunden zu einer souveränen Goldmedaille. Silber ging an Denys Ostapchenko, doch Josia Tim Alexander Topf hielt allen weiteren Angriffen stand und brachte seine dritte Medaille ins Ziel.
Etwa 30 Minuten nach Topf ging Tanja Scholz ins Wasser. In der S4 Klasse ging es auch für sie über die 50m Freistil. Und auch 40-jährige durfte sich über eine weitere Medaille im Rahmen von Paris 2024 freuen. Sie gewann die Silbermedaille in einem spannenden Rennen voller Wendungen.
Während die spätere Goldmedaille bei Leanne Smith (USA) vorne recht souverän zu Gold schwamm, die 40,03 Sekunden bedeuteten einen neuen Weltrekord in der S3-Klasse, die ebenfalls in diesem Rennen ausgeschwommen wurde, ging es dahinter heiß her.
Zunächst war Scholz ganz vorne mit dabei, dann schien sich zwischenzeitlich einzubrechen, bevor sie auf den letzten zehn Metern noch einmal alle Kräfte zusammennahm und als Dritte anschlug. Doch aus Bronze wurde noch Silber. Der vor hier gelandete Lidia Viera da Cruz aus Brasilien war ein deutlich sichtbarer Fehlstart unterlaufen, weshalb sie am Ende disqualifiziert wurde. Auf den Bronzerang rückte Rachael Watson aus Australien vor.
Der dritte deutsche Schwimmer verpasste ine Medaille knapp. Malte Braunschweig belegte in 100m Schmetterling der Klasse S9 den sechsten Rang. Beim souveränen Paralympics-Sieg des Italieners Simone Barlaam (57,99 Sekunden, europäischer Rekord), fehlten Braunschwig nur 21 Hundertstel Sekunden zu Bronze.
Johannes Floors holt Silber und findet diesmal seinen Meister in Dauerkonkurrent Hunter Woodhall
Seit 2019 hat Johannes Floors über die 400m in der T64 Klasse dominiert. Der deutsche Kurz - und Mittelstreckenläufer gehört ohne Frage zu den besten seiner Zunft. Das bleibt auch nach dem Wettkampf am Freitagabend so.
Der 29-Jährige musste sich zwar erstmals seit 2019 in Paralympics oder Weltmeisterschaften geschlagen geben, dennoch hat er Silber gewonnen. Nach dem Paralympics-Sieg bei Tokio 2020 und den WM Titeln in Dubai 2019, Paris 2023 und Kobe 2024, war diesmal Dauerkonkurrent Hunter Woodhall zu stark.
Der Athlet aus den USA, wie Floors mit beidseitigen Unterschenkel-Prothesen ausgestattet, lief das Rennen seines Lebens und besiegte Floors dank eines hervorragenden Schlussspurts in 46,36 Sekunden. Floors war das Rennen stark angegangen, hatte lange geführt und lief am Ende in 46,90 Sekunden eine saisonale Bestzeit.
Doch Woodhall war diesmal der stärkere Mann. Auf den letzten 100 Metern, mit viel Schwung aus der letzten Kurve kommend, überholte der neue Paralympics-Sieger seinen Dauer-Konkurrenten und feierte einen klaren Erfolg.
Der erste Weg des strahlenden Siegers ging zu seiner Ehefrau: Tara Davis-Woodhall. Das Sportler-Traumpaar feierte den Sieg gemeinsam, wie schon bei den Olympischen Spielen von Paris 2024. Denn vor knapp drei Wochen jubelte die Ehefrau gemeinsam mit ihren Mann, als sie die Olympische Goldmedaille im Weitsprung gewann!
Bronze in der T64 über 400m ging derweil an Olivier Hendricks aus den Niederlanden. Die Niederlande ist ein gutes Stichwort, denn diese Farben bestimmten ein anderes Finale an diesem Abend.
Dreifach-Jubel in Oranje bei Irmgard Bensusans letztem Paralympics-Rennen
Die deutsche Paralympics-Legende Irmgard Bensusan wollte es noch einmal wissen. Nach ihrer Bronzemedaille über die 200m in der T64 Klasse, ging sie nun noch einmal die 100m in der selben Klasse an.
"Diese letzten Paralympics mache ich für mein inneres Kind. Das junge Mädchen, was auf der Bahn stand und den Sport schon damals geliebt hat", hatte die 33-Jährige vor wenigen Tagen verlauten lassen.
Nach diesem Motto trat sie befreit auf, in ihrem letzten Paralympischen Rennen reicht es zwar nur für den achten Platz, doch mit einer Finalteilnahme in ihrem letzten Rennen nach sechs Medaillen bei Paralympics dürfte sich ein Kreis würdig schließen. Vorne stand das Rennen im Zeichen der Oranje: Fleur Jong gewann Gold, vor Kimberly Alkemade und Marlene van Gansewinkel - ein Podest fest in niederländischer Hand.
Eine Finalteilnahme verpassten Katrin Müller-Rottgardt und ihr Guide in der Noel-Philippe Fiener in der T12 Klasse für sehbehinderte Läuferinnen über 100m nur ganz knapp.
Am Morgen hatte die Bronzegewinnerin über die 100m nur wenige Stunden nach ihrem Medaillencoup am Vorabend noch den Vorlauf gewonnen und sich so für das Halbfinale am Abend qualifiziert. Dort fehlten im dritten Lauf nur zwölf Hundertstel für eine direkte Qualifikation für das Finale.
Im Speerwurf der Klasse F46 belegte die erst 19-jährige Lise Petersen am Abend einen starken achten Platz.
Bronze für die Para Dressurreiterinnen
Wie schon bei den Olympischen Spielen sind auch die Reiterinnen und ihre Pferde bei den Paralympics 2024 immer für Top-Leistungen gut. So geschehen auch am Freitag und gemeinsam jubelt es sich es bekanntlich auch am besten.
Anna-Lena Niehues mit Quimbaya 6, Regine Miskelkamp mit Highlander Delight's und Heidemarie Dresing mit Dooloop gewannen die Bronzemedaille im Teamwettbewerb.
Drei hervorragende Vorstellungen von Ross und Reiter vor der erneut malerischen Kulisse am Chateau des Versailles bescherten dem Trio die Podiumsplatzierung hinter den starken US-Amerikanerinnen (235,567) und den Niederländerinnen (232,850).
Für Deutschland startete Niehues und ihr elfjähriger Partner mit einer tollen Darbietung, die auch die Jury überzeugte, die im Mittel 75,351 Prozent vergab. Damit war die 40-Jährige erneut in dem Punktebereich gelandet, der ihr am Dienstag in der Einzelkategorie der Grade IV die Bronzemedaille beschert hatte.
Ähnlich lief es auch bei Miskelkamp. Die Dressur mit Highlander Delight's wurde von den Kampfrichtern mit 75,550 Prozent bedacht. Das bedeutete sogar eine bessere Wertung, als im Einzel der Grade V, wo Miskelkamp Silber gewonnen hatte. So holten Niehues und Miskekamp ihre zweite Medaille bei Paris 2024.
Die vielleicht schönste Geschichte des Tages am geschichtsträchtige Schloss Versailles: Endlich konnte Schlussreiterin Heidemarie Dresing ihre ersehnte Paralympische Medaille feiern. Bei Tokio 2020 war sie sowohl im Einzel Event als auch im Einzel Freestyle Event jeweils Vierte geworden. Gleiches Schicksal ereilte sie am Montag in Paris, dort verpasste sie im Einzel Event Grade II ebenfalls das Podest - nun aber ist dieser Bann endgültig gebrochen.
Lennart Sass - Der Judoka der niemals aufgibt holt die Bronzemedaille
Eine weitere Bronzemedaille für Team Deutschland gab es am Freitag im Para Judo. Vier Athletinnen und Athleten waren am angetreten, am besten machte es am Lennart Sass, der sich die Bronzemedaille sicherte. Mit etwas mehr Glück wäre auch eine Finalteilnahme möglich gewesen, doch im Halbfinale hatte er Pech.
Etwa 30 Sekunden vor Ende und in Führung liegend, wurde Sass disqualifiziert. Nicht etwa, weil er unsportlich gehandelt hatte, sondern bei einer Parade unurlaubter Weise seinen Kopf einsetzte, um sich so in Gefahr begab. Auf eine solche Aktion der Selbstgefährdung folgt beim Para Judo eine Disqualifikation.
Doch einmal mehr bewies der erblindende Judoka - der sich in der Klasse J1 durchsetzte - bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit und Willensstärke und sicherte sich schließlich Bronze.
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Team Deutschland: Juliane Wolf nun auch doppelte Medaillengewinnerin
Die erste Medaillenentscheidung des Tages mit deutscher Beteiligung war das Halbfinale von Para Tischtennisspielerin Juliane Wolf in der WS8. Doch die in Bosnien geborene Norwegerin Aida Husic Dahlen performte in diesem Semifinal auf sehr hohem und konstanten Niveau. Nach 0:3 (2:11, 8:11, 9:11) verlor die Deutsche, doch mit ihre Bronzemedaille darf sie sehr zufrieden sein.
Damit gehört die 36-Jährige zu den deutschen Athletinnen und Athleten bei Paris 2024, die über mindestens zwei Medaillen jubeln dürfen. Im Doppel der Klasse WD14 hatte sie gemeinsam mit Stephanie Grebe die Silbermedaille gewonnen.
Großer Kampf der Deutschen Sitzvolleyballer ungekrönt: Knappe 2:3-Niederlage gegen Ägypten
Die Herrennationalmannschaft der Deutschen Sitzvolleyballer hat die sensationelle Bronzemedaille bei Paris 2024 knapp verpasst. Gegen die leicht favorisierten Ägypter verlor das Team in einem Marathon-Match über mehr als zwei Stunden am Ende knapp mit 2:3.
Zweimal hatte das kämpferische deutsche Team einen Satzrückstand egalisiert. Nach dem 22:25 im ersten Satz fand die Mannschaft um Angreifer Dominik Albrecht eine Antwort, auch weil man einen starken 6:0-Lauf zur Satzmitte hinlegte. So ging der zweite Abschnitt mit 25:23 ans deutsche Team.
In einem umkämpfen Spiel hatten auch die folgenden zwei Sätze dieses Ergebnis. Einmal zugunsten der Ägypter, danach für Deutschland - so ging es also in den Entscheidungssatz. Im fünften Abschnitt erwischten die Nordafrikaner die besseren Ansätze und retteten immer wieder mit starken Aktionen den Ball. So setzte man sich vorentscheidend mit 13:7 ab, der dritte Matchball brachte schließlich die Entscheidung zum 15:10 zugunsten der Ägypter, die sich Bronze holten.
Kapitän Jürgen Schrapp fasste treffend zusammen: "Ich denke, dieses Spiel war eines Bronzematches bei Paralympics würdig. Diese Spiele verdienen nicht nur einen Sieger. Es hätte kaum enger zugehen können, am Ende hat sich Ägypten den Sieg verdient. Wir haben alles gegeben, für uns und für unsere Fans. Die Stimmung war grandios, am Ende sind wir natürlich sehr traurig, dass wir verloren haben."
Nach der couragierten und etwas unglücklichen Niederlage der Sitzvolleyballer, bleibt den deutschen Paralympics-Fans eine weitere Hoffnung auf eine Medaille in den Mannschaftssportarten.
Die Rollstuhl Basketball Nationalmannschaft der Herren spielt am Samstag um die Bronzemedaille gegen Kanada.
Säbel-Paralympicssieger Maurice Schmidt scheidet im Degen-Wettkampf aus
Für Paris 2024-Sieger Maurice Schmidt ist der sportliche Teil der Paralympics nun endgültig vorbei. Am Freitagmorgen verlor er zunächst gegen Artem Manko aus der Ukraine, der in Deutschland gemeinsam mit Schmidt trainiert. Nach der Niederlage gegen Matteo dei Rossi aus Italien war dann endgültig Schluss. "Heute hat es sich so angefühlt, dass mein Körper nach dem ganzen Stress rund um den Sieg im Säbel gesagt hat 'jetzt habe ich keine Energie mehr.'", so Schmidt gegenüber Olympics.com
Keine Spur von Wehmut aber, dass es mit dem Degen im Rollstuhl Fechten nicht so gut geklappt. Stattdessen freut sich der Paralympics-Sieger im Säbel auf die kommende Zeit :"Ich bin jetzt müde, aber auch so glücklich. Ich kann jetzt endlich Party machen und alles genießen."
Deutsches Trio im Para Kanu muss ins Halbfinale
Hingegen sind die Para Kanuten gerade erst am Beginn ihrer Reise bei Paris 2024. Am Freitagvormittag begannen die Wettkämpfe in Vaires-sur-Marne mit den Vorläufen. Das deutsche Damen-Trio bestehend aus Edina Müller (KL1), Anja Adler (KL2) und Felicia Laberer (KL3) verpassten zwar eine vorzeitige Qualifikation für das Finale A, landeten aber alle jeweils unter den Top 3 ihrer Vorläufe und gehen damit mit guten Vorzeichen in die Halbfinals, die am Sonntagvormittag anstehen.