Georg Grozer jr - Leader der deutschen Volleyballer: Viele Namen und der eine große Olympische Traum
Der Verband nennt Georg Grozer ein Phänomen. Die ZEIT bezeichnete ihn als einen „Zwei-Meter-Hünen, der nicht altert" und unter seinen Teamkollegen heißt er schlicht "Hammerschorsch".
Der Mann mit den vielen Spitznamen hat eine ereignisreiche Karriere vorzuweisen. Nach den Anfängen in Ungarn und einem sportlichen Aufenthalt in der neuen Heimat Deutschland, folgten teils mehrere Stationen in Polen, Russland, China und Italien. Derzeit spielt er für den türkischen Verein Arkasspor Izmir. Ähnlich vielfältig wie der Lebenslauf, ist auch die Lebensgeschichte.
Ganz eindeutig fällt allerdings die Vorliebe zu einen Spitznamen aus: "Hammerschorsch höre ich am häufigsten, der Name gefällt mir am besten", berichtet der Ausnahme-Athlet während der Vorbereitung auf Paris 2024 im exklusiven Interview mit Olympics.com. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Grozer und die deutsche Nationalmannschaft inmitten der Vorbereitung auf Paris 2024.
Kurz nach dem 3:2-Coup seiner Mannschaft im Auftaktspiel von Paris 2024 gegen Japan bezeichnete Olympics.com den Diagonalspieler der DVV-Auswahl „als lautesten Mann der ganze Halle.“ Hammerschorsch hatte seinem Namen gerade einmal mehr alle Ehre gemacht.
Mit 24 Punkten war der 2,00-Meter-Riese einer der Garanten des deutschen Siegs gegen den Weltranglisten-Zweiten. 15 verwandelte Angriffspunkt, fünf erfolgreiche Blocks und vier direkte Aufschläge fanden ihr Ziel. Im zarten Alter von 39 Jahren führte er sein Team einmal mehr an.
Der Lautsprecher der Volleyballnationalmannschaft hatte schon vor dem Turnier – seinen zweiten Olympischen Spielen nach London 2012 – keinen Hehl aus seinen Ansprüchen gemacht. Vor zwölf Jahren hatte er bereits erlebt, wie weit der Teamgeist eine DVV-Auswahl bringen kann, bei den Spielen in Großbritannien war Deutschland auf den fünften Rang des Turniers gestürmt. Ein großer Erfolg für die eher kleine Volleyball-Nation.
Geht es nach Grozer, dann darf es dieses Jahr noch viel weiter hinaus gehen: "Ich reise nach Paris 2024, um eine Medaille zu holen. Niemand bekommt oft die Gelegenheit an Olympischen Spielen teilzunehmen. Eine Medaille zu holen, sollte unser aller Ziel sein."
Eins ist klar: Georg Grozer geht voran, mit Worten und Taten. Doch wer ist der Leader mit den vielen Spitznamen? Und woher nimmt der älteste Spieler der Mannschaft diese unbändige Kraft, die er Spiel für Spiel in die Halle mitbringt?
Georg Grozer stammt aus einer "volleyball-verrückten Familie" mit Wurzeln in Ungarn
Zunächst zur ersten Frage. Trotz etlicher Spitznamen hat dieser einzigartige Athlet einen natürlich auch einen Geburtsnamen: Der lautet György Grozer Jr. – einer, hinter dem sich interessante Geschichten verbergen. György ist ein Vorname mit ungarischer Herkunft. Denn aus Ungarn kommt die Familie Grozer.
Sein Vater Georg Grozer sr. (63) war ebenfalls Volleyball-Profi. Ein äußerst erfolgreicher sogar. Insbesondere in Deutschland. Mit dem Moerser SC holte Grozer sr. zwischen 1988 und 1996 zahlreiche Deutsche Meisterschaften und Pokalsiege. Talent, dass der damals sehr bekannte Sportler an seine Kinder weitergab. Unter anderem eben an György Grozer Jr - heute, nach seiner Einbürgerung, als Georg Grozer jr. bekannt.
Doch bei der Vererbung des Talents scheint es nicht geblieben zu sein. Ein ehemaliger Weggefährte von Grozer sr. erinnert sich: „Ich habe das Eröffnungsspiel gegen Japan gesehen. Die ganze Art von Grozer – die Emotionen, das Pushen der Teamkameraden, das dominante Auftreten. Genauso war sein Vater auch“, schildert Frank Schranner. Der Wuppertaler war einst Hallensprecher beim SV Bayer Wuppertal.
Anfang der 2010er Jahre war Grozer sr. Trainer des Klubs, der seinerzeit unter dem Namen A!B!C! Titans Bergisch Land in der 2. Volleyball Bundesliga aktiv war. „Neben dem Spielfeld war Georg Grozer sr. ein herzensguter Mensch, aber wenn es um Volleyball ging, war er einfach ein Tier“, lacht Schranner bei den Gedanken an den Vater des heutigen Olympioniken.
Daneben erinnert sich der heutige Funktionärs des Klubs – bei dem auch Grozers Nationalmannschaftskollege Lukas Kampa einst spielte, besonders an eins: „Die Grozers sind eine absolut volleyball-verrückte Familie."
"Einfach Georg" - Bei Brettspielen und im Kreis der Familie tankt er Kraft für die großen Auftritte im DVV-Trikot
Es dürfte wohl niemanden wundern, dass auch die nächste Generation der Grozers mit dem Volleyball-Gen infiziert ist. Georg Grozers Tochter Leana – 17 Jahre jung – spielt bereits Bundesliga. Im Juni 2023 gab sie sogar ihr Debüt für die Frauennationalmannschaft.
Mit seiner Tochter das Erlebnis Olympische Spiele zu erleben, war für Grozer ein riesiger Antrieb auf dem Weg zu Paris 2024: „Der große Traum war, dass wir uns beiden für Olympia qualifizieren. Das wäre wohl das größte Erlebnis meiner gesamten Karriere geworden. Leider hat das nicht ganz funktioniert [die DVV-Damen verpassten das Olympia-Ticket knapp, Anm. des Red.]."
Die Familie für den 39-Jährigen der wesentliche Anker im Leben abseits des Feldes. Obwohl – oder gerade, weil – die internationale Karriere eine lebenslange Reise darstellt.
"Meine Mama ist etwas ganz Besonderes, sie hat mich immer unterstützt. Meine Kinder – mit denen ich jeden Schritt meiner Karriere bespreche - meine Frau Helena – die mir ganz viele neue Sachen beigebracht hat und meine gesamte Familie – sie alle haben einen ganz besonderen Platz in meinem Leben.“ Emotionale aber leise Worte des lautesten Mannes der ganzen Halle.
Eine besondere Beziehung unterhält Grozer auch nach Moers. Geboren und aufgewachsen ist er zwar in Budapest/Ungarn, weil sein Vater in Moers – unweit von Düsseldorf - sesshaft wurde, kam Georg Grozer mit 17 Jahren und gemeinsam mit der Familie, nach. Der 39-Jährige erzählt von einem besonderen Brauch: „Einmal im Jahr besuchen mich meine Jugendfreunde, meistens für etwa zehn Tage. Egal wo ich spiele, sie kommen dorthin. Wir spielen Brettspiele und unterhalten uns über alles außer über den Sport. Dann bin ich nicht Georg Grozer der Volleyballspieler, sondern einfach der ‚Georg‘. Dieses Ritual ist mir unglaublich wichtig.“
Auf diese Weise also lädt Georg Grozer seine Akkus immer wieder auf. Höchstwahrscheinlich wird auch in diesen Tagen der ein oder andere Griff zum Handy - ein Telefonat oder ein Videoanruf bei Familie und Freunden - dabei helfen, neue Kraft für die emotionalen und kräftezehrenden Spiele gegen die Top-Nationen der Volleyball-Welt zu tanken.
Nur auf große Runden mit Familie und Freunden wird Grozer zunächst verzichten müssen. Schon am heutigen Dienstag geht es für Deutsche Volleyballnationalmannschaft in die zweite Partie des Olympischen Turniers. Um 13 Uhr spielt die DVV-Auswahl gegen die USA.
Gelingt dem Team ein weiterer Sieg, wäre der Einzug ins Viertelfinale kaum noch zu nehmen - und Grozer wäre seinem großen Ziel, der Olympiamedaille bei Paris 2024, einen Schritt näher.