Alexandra Popp bei Paris 2024: Verspätetes Happy End für das Gesicht des deutschen Frauenfußballs

Von Andreas Kloo
4 min|
Alexandra Popp jubelt
Foto von Getty Images

Dieser zweite Platz fühlte sich für Alexandra Popp nicht wie eine Niederlage an. Bei der Wahl zur Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele Paris 2024 bekam sie nach Judoka Anna-Maria Wagner die zweitmeisten Stimmen.

Traurig aber war die Kapitänin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft nicht.

"Ich bin unglaublich stolz und dankbar, allein schon unter den Nominierten gewesen zu sein und dann am Ende noch auf dem zweiten Platz zu stehen", schrieb Popp auf Instagram.

Als sie erfuhr, dass sie zu den drei Kandidatinnen gehört, habe sie erst einmal „wahnsinnige Gänsehaut“ gehabt.

„Es gibt nichts Größeres. Beim weltgrößten Turnier dabei sein zu dürfen, bei Olympia, ist das eine. Dann auch noch die Möglichkeit zu haben, die Fahne bei der Eröffnungsfeier zu tragen – gefühlt kann man nicht mehr Anerkennung bekommen“, sagte sie bei „Wölfe TV“.

Es war die Anerkennung für Popps Leistungen auf und neben dem Platz.

Popp als Torgarantin bei EM 2022

Die 33-Jährige hat in ihrer Sportlerinnen-Laufbahn in der Tat Beeindruckendes geleistet. Im deutschen Fußball ist sie zweifelsohne die größte Titelsammlerin.

13-mal hat sie bereits den DFB-Pokal gewonnen, davon 10-mal in Folge mit dem VfL Wolfsburg. Siebenmalige Deutsche Meisterin darf sich Popp nennen. Es gab fast kein Jahr während ihrer Karriere, in dem sie keinen Titel gewonnen hat.

Und dennoch war das wichtigste Jahr in ihrer Entwicklung zum Star eines, in dem sie bei einem Turnier den Titel knapp verpasste. Bei der EM 2022 in England führte Popp Deutschland mit sechs Treffern in fünf Partien bis ins Endspiel.

Doch im entscheidenden Duell mit der Mannschaft des Gastgebers konnte sie nicht mitwirken, die Oberschenkelmuskulatur streikte. Schon vor dem Endspiel flossen damals bei Popp Tränen, eine Stimmungsaufhellung durch den Sieg ihrer Teamkolleginnen im Finale blieb ihr verwehrt.

„Das wäre zu viel Happy End gewesen“, tröstete sie sich später selbst.

Alexandra Popp nach dem verlorenen EM-Finale 2022

Foto von 2022 Getty Images

Gedanken ans Karriereende nach schwerer Verletzung

Es wäre das Happy End für eine große Comeback-Story gewesen.

Im April 2021 hatte sie sich einen Knorpelabriss im Knie gezogen. Eine so schwere Verletzung, dass sie sich damals mit dem Karriereende beschäftigte.

Doch Popp ist eine Kämpferin, sie quälte sich durch die mühsame Reha.

Auf den letzten Drücker und nach mehreren Operationen und vielen Rückschlägen schaffte sie es in den EM-Kader. Zunächst war sie nur Einwechselspielerin. Aber weil Lea Schüller an Corona erkrankte, rückte sie in der zweiten Partie des Turniers in die Start-Elf.

Sie trifft in jedem Spiel, mehrfach mit dem Kopf. Ihr schönstes Tor ist eine Volleyabnahme im Halbfinale gegen Frankreich, bei der sie ihren Torinstinkt unter Beweis stellte. Popp war einen Tick schneller am Ball als die französische Gegenspielerin und hielt in Svenja Huths Flanke den Fuß rein.

Der Treffer wurde zum Tor des Monats Juli 2022 der "ARD-Sportschau" gewählt.

Nach dem Turnier folgten weitere Auszeichnungen. Unter anderem wurde Popp als erste Frau zur Fußball-Persönlichkeit des Jahres gekürt.

Popp kennt den Olympischen Geist

Spätestens jetzt war klar: Der lange Kampf ums Comeback hat sich für Popp gelohnt. Nicht nur für sie selbst. Sie hat dem Frauenfußball in Deutschland ein Gesicht gegeben, der seit der EM in England einen spürbaren Boom erfuhr.

Die Länderspiele der Frauen-Nationalmannschaft sind mittlerweile regelmäßig ausverkauft, auch in der Bundesliga werden stetig neue Rekorde geknackt.

38.365 Zuschauer waren im April beim Spiel des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt dabei.

An diesem Aufschwung hat Popp ihren Anteil. Mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen Paris 2024 erhält sie dafür nochmal eine Belohnung.

Sie darf ein weiteres Mal den Olympischen Geist spüren. Bei Rio 2016 war Popp Teil des deutschen Teams, das die Goldmedaille gewann.

Sie kennt deshalb dieses ihrer Meinung nach außergewöhnliche Gefühl.

„Du bist nicht nur Nationalmannschaft, du bist Team Deutschland. Das weckt nochmal ganz andere Gefühle.“ Es gehe „gar nicht nur um dich oder deine Mannschaft, sondern um viel viel mehr“, beschrieb sie diese Emotionen im Sky Interview.

Popp erlebt in Paris also doch noch ein Happy End. Sie hat es sich verdient.

Alexandra Popp in Zahlen:

  • Geboren: 6. April 1991
  • Position: Angriff/Mittelfeld
  • Verein: VfL Wolfsburg (seit 2012)
  • Bundesligaspiele/-tore: 297/141
  • Länderspiele/Tore: 139/67
  • Deutsche Meisterin: 7x (2013, 2014, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021)
  • Deutsche Pokalsiegerin: 13x (2009, 2010, 2013, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022, 2023, 2024)
  • Champions-League-Siegerin: 2013, 2014
  • UEFA Women’s-Cup-Siegerin: 2009
  • Olympiasiegerin Rio 2016
  • Vizeeuropameisterin 2022

Die Vorrundenpartien der deutschen Fußball-Frauen bei Paris 2024:

Donnerstag, 25. Juli:

  • 19 Uhr: Deutschland - Australien (Marseille)

Sonntag, 28. Juli:

  • 21 Uhr: Deutschland - USA (Marseille)

Mittwoch, 31. Juli:

  • 19 Uhr: Deutschland - Sambia (Saint-Etienne)